In dieser Kategorie wollen wir euch regelmäßig Erfahrungsberichte veganer Reisender präsentieren. In dieser und der nächsten Ausgabe lernt ihr zunächst Anna und Nadine kennen - die beiden hauptverantwortlichen Redakteurinnen dieses Magazins. Anschließend freuen wir uns über eure Beiträge. Ihr seid viel in der Welt unterwegs oder kennt jemanden, den wir für diese Kategorie anfragen sollen? Meldet euch unter: reiseberichte@veganwanderlust.net
Hallo, ich bin Anna. Seit über 15 Jahren lebe ich vegan, die Hälfte dieser Zeit bin ich bereits auf Weltreise. Ich war schon in zahlreichen Ländern, bei denen man mir vorher sagte “Vegan? Keine Chance!” - darunter die Türkei oder auch Marokko. Tatsächlich hatte ich bisher an keinem Ort große Schwierigkeiten, am wenigsten jedoch tatsächlich in den Ländern, in denen es mir vorab als schwierig angekündigt wurde.
Was ich am Reisen liebe, ist, dass jedes Land, jede Kultur ganz besondere vegane Speisen und Produkte bereithält, die man sonst nirgends bekommt (zumindest nicht so authentisch wie im Heimatland der jeweiligen Speise). So freue ich mich bei jedem Besuch in der Türkei auf die leckeren Çiğ Köfte, eine Art kräftig gewürzte Frikadelle aus Bulgur, und auf Gözleme, herzhafte türkische Pfannkuchen, die in ihrer veganen Form mit Kartoffeln oder Spinat gefüllt sind (aufgepasst, beim Spinat ist oft Çökelek, Magermilchkäse, beigemengt, unbedingt vorher fragen).
Wenn ihr nach Sizilien reist, lasst euch eine Granita nicht entgehen
In Italien, vor allem auf Sizilien, ist es das halbgefrorene Eis Granita, das mit Sorten wie Zitrone, Mandel und meinem Favoriten Kaffee lockt. In Spanien die kalte Gemüsesuppe Gazpacho und auf den Kanaren die köstlichen Papas Arrugadas mit ihrer Meersalzkruste, dazu traditionell Mojo Rojo und Mojo Verde.
Tajine Berbere in einem Restaurant in Marrakech
Da ich anfangs Marokko angesprochen habe, muss ich euch unbedingt auch von der schmackhaften Küche dieses Landes vorschwärmen. Besonders praktisch ist, dass es hier kaum verarbeitete Produkte gibt, so dass man auf den ersten Blick sieht, was man isst - Verwechslungsgefahr ausgeschlossen. Wenn ihr in Marokko unterwegs seid, solltet ihr unbedingt eine Gemüse-Tajine probieren (oft als Tajine Berbere auf der Karte) und freitags gehört Couscous mit Gemüse auf den Speiseplan.
Griechenland dagegen ist, gemeinsam mit Zypern, ein Paradies für Liebhaber von veganem Käse. Selbst an der Käsetheke bekommt ihr hier oft mehrere Käse-Alternativen. Das Wort, das ihr euch dafür merken müsst, lautet nistisimo (νηστίσιμο). Damit sind die speziellen Fastenprodukte für die überwiegend griechisch-orthodoxe Bevölkerung gekennzeichnet. Bis auf wenige Ausnahmen (Honig und einige Fischarten) sind diese Produkte vegan und gerade vor Weihnachten und Ostern gibt es neben dem veganen Käse noch einmal zahlreiche zusätzliche Leckereien in den Supermärkten. Und wenn ihr schon in Griechenland seid, probiert auch unbedingt Skordalia, den landestypischen Kartoffelbrei mit Knoblauch.
Natürlich sind gerade Restaurantbesuche immer wieder eine Herausforderung und wenn man sich freut, dass die Verständigung per Google Translate oder dem Vegan Passport scheinbar endlich funktioniert hat, kommt der Kellner fröhlich mit Mayo um die Ecke oder stellt einem als Gruß aus der Küche irgendeinen unveganen Snack auf den Tisch.
Vegane Köstlichkeiten in einem Restaurant in Albanien
Oder man denkt, man kennt das immer gleiche Gericht schon aus zahlreichen anderen Restaurants und fragt dieses eine Mal nicht genauer nach, nur um dann festzustellen, dass in diesem Restaurant ausgerechnet Käse zur Rezeptur gehört. Ob Albanien oder Marokko, Türkei oder Mexiko - überall auf der Welt habe ich schon derlei Pannen beim Bestellen erlebt. Zum Glück ist das aber die Ausnahme!
Je nach Land sind die Bediensteten zwar meist sehr bemüht, reagieren zum Teil aber mit viel Unverständnis und auch Unkenntnis auf meine seltsamen Anfragen. Vegetarisch haben die meisten schon gehört, aber vegan? Was soll das denn nun schon wieder sein? Bevor ihr euch abschrecken lasst: In den touristischen Orten und Restaurants ist der Begriff "vegan" inzwischen weltweit etabliert. Nur wenn ihr euch in die Einheimischen-Restaurants wagt, könntet ihr auf solche Schwierigkeiten stoßen. Aber auch dort habe ich am Ende immer etwas Veganes zu essen bekommen.
Nicht nur in deutschen Landgaststätten, auch weltweit bleibt trotz aller Vielfalt manchmal nur die Kombination aus Pommes und Salat, auf die wohl fast jede:r Veganer:in irgendwann einmal zurückgreifen musste. Je länger ich unterwegs bin, ohne Zugriff auf eine Küche zu haben, desto schwieriger wird es leider oft auch, den Proteinbedarf zu decken. Obst, Gemüse und eine kohlenhydratreiche Sättigungsbeilage sind meist unkompliziert erhältlich. Für meine Eiweißversorgung habe ich zum Teil schon auf Bohnen oder Kichererbsen in der Dose zurückgegriffen, da - von Linsensuppe einmal abgesehen - Hülsenfrüchte in den meisten Restaurants irgendwie nicht so angesagt zu sein scheinen. Nur hier in Ägypten, wo ich aktuell gerade bin, ist dies dank Falafel (bzw. dem ägyptischen Pendant Ta'amia) und der Bohnenpaste Foul, ausnahmsweise mal kein Problem.
Besonders spannend finde ich, wie sehr sich die Frühstückskultur in vielen Ländern unterscheidet. Als veganes Paradies tut sich hier die Türkei hervor - ein typisches türkisches Frühstück bietet (neben Wurst, Käse und Ei) eine Vielzahl veganer Komponenten, darunter Obst, Gemüse, Oliven, Brot und Marmelade, so dass es auch in einem Hotel ohne explizit veganes Angebot kein Problem ist, sich lecker satt zu essen. Auch das ägyptische Frühstück bietet reichlich vegane Auswahl.
Das Kontrastprogramm habe ich in Italien erlebt, wo meist Kaffee und mit Glück (weil vegan) Zwieback oder mit weniger Glück (weil in der Regel unvegan) Kuchen oder Kekse serviert werden - das war’s. Auf Bali beschränkte sich (allerdings in den 1990ern, das ist heute vielleicht besser) meine vegane Frühstücks-Auswahl auf im Teigmantel frittiertes Obst, so süß und fettig, dass mir nach wenigen Tagen schon der Gedanke daran Übelkeit bescherte - oder verschiedenen Ei-Speisen, die ich damals als Vegetarierin schon nicht mochte.
Als Veganer kommt man in Mexiko nicht an Guacamole vorbei
Ich reise mit meinen Kindern und Kinder haben bekanntlich immer Hunger. So bin ich am liebsten in Ländern mit einer guten Auswahl an veganem Streetfood unterwegs. Am schwierigsten fand ich dies in Mexiko, weil dort fast alles Fleisch und Käse enthält. Natürlich gibt es hier und da überteuerte Restaurants, die für die Tourist:innen veganisierte Varianten der klassischen Tacos und Burritos anbieten, aber außer Guacamole gibt es kaum Speisen, die von Haus aus vegan sind. Andere Länder wie Ägypten (Falafel!) oder die Türkei (Simit! - Achtet darauf, dass sie nicht mit Ei bestrichen sind.) sind da wesentlich unkomplizierter.
Simit - klassisches Streetfood in der Türkei
Am einfachsten ist es natürlich immer, wenn man sich sein eigenes Essen zubereiten kann. Im deutschsprachigen Raum sind wir zwar verwöhnt mit allerlei veganen Ersatzprodukten, aber wenn man sich auf die Basics besinnt, kann man in jedem Land köstliche Gerichte zaubern. Mein wichtigster Tipp lautet daher: Wenn ihr länger an einem Ort seid, schaut euch unbedingt nach einer Unterkunft mit einer eigenen Küche um! Mein zweitwichtigster Tipp: Wenn ihr Wert auf eine gute Gemüsebrühe ohne Mononatrium-Glutamat legt, packt euch welche in den Koffer.